Weiblichkeit und Lipödem – ein Thema, das vermutlich viele Frauen betrifft, das aber selten thematisiert beziehungsweise oft tabuisiert wird. Da die Krankheit Lipödem oftmals zu körperlichen Veränderungen führt, welche von der gesellschaftlichen Norm abweichen, kommt es bei Betroffenen nicht selten zu Unsicherheiten und Schamgefühlen. Ich bin selbst Lipödembetroffene und in diesem Blogbeitrag möchte ich mich mit der Frage auseinandersetzen, welchen Einfluss die körperlichen Veränderungen auf das Gefühl von Weiblichkeit sowie welche Auswirkungen diese auf das Selbstbild und die Selbstwahrnehmung von Frauen mit Lipödem haben können.
Ein Lipödem ist eine chronische Erkrankung des Fettgewebes, die hauptsächlich Frauen betrifft. Dabei kommt es zu einer ungleichmäßigen Fettverteilung an den Beinen und manchmal auch Armen. Typische Symptome eines Lipödems sind neben der Zunahme von Fettgewebe unter anderem auch eine starke Druckempfindlichkeit und ein Schweregefühl an den betroffenen Stellen sowie die Neigung zu blauen Flecken. Die genauen Ursachen eines Lipödems sind bisher noch nicht bekannt, aber es wird angenommen, dass hormonelle Faktoren, genetische Veranlagung und Entzündungen im Körper eine Rolle spielen. Das Lipödemfett kann nicht durch Diät oder Sport behandelt werden, da es sich um eine krankhafte Veränderung des Fettgewebes handelt. Als Therapie bekommen Betroffene häufig eine Kombination aus manueller Lymphdrainage, Kompressionsstrümpfen sowie Bewegungstherapie oder ergänzend auch eine operative Fettabsaugung.
Was ist ein Lipödem?
Was bedeutet „Weiblichkeit“?
Weiblichkeit ist ein Konzept, das oft von Stereotypen und Geschlechterrollen geprägt ist. Es gibt jedoch keine einheitliche Definition von Weiblichkeit, da sie von kulturellen, sozialen und persönlichen Faktoren beeinflusst wird. In unserer Gesellschaft gibt es körperliche, emotionale und soziale Merkmale, die als typisch weiblich gelten. Dazu gehören beispielsweise Sanftheit, Sensibilität, Empathie, Intuition, Fürsorglichkeit, Mitgefühl, Einfühlungsvermögen und emotionale Intelligenz. Als typische weibliche körperliche Merkmale gelten Rundungen, weichen Formen und eine sanfte Stimme (mir ist wichtig hier zu erwähnen, dass Weiblichkeit nicht auf biologische Geschlechtsmerkmale beschränkt sein muss). Sozial und kulturell betrachtet bezieht sich Weiblichkeit auf die Rolle und Position einer Frau in der Gesellschaft und die damit verbundenen Erwartungen und Normen (ich stelle hier mal in den Raum wie fraglich diese heutzutage immer noch sind).
Weiblichkeit – doch nur ein Konstrukt nur für schlanke Frauen?
Leider gibt es in unserer Gesellschaft auch einen verbreiteten Stereotyp, dass dicke Frauen nicht weiblich sind. Dieser Stereotyp basiert auf dem Idealbild eines schlanken Körpers, welches in der Mode-, Beauty- und Unterhaltungsindustrie propagiert wird. Übergewichtige Frauen werden häufig unter anderem als faul, unattraktiv oder ungesund stigmatisiert, was dazu führt, dass ihre Weiblichkeit in Frage gestellt wird – sowohl von anderen aber auch von sich selbst. Diese Stigmatisierung führt im Alltag oft zu Diskriminierung, Mobbing und Ausgrenzung. Die Auswirkungen dieser Stereotypen für Betroffene können weitreichend sein- zum einen im Kontakt mit anderen Menschen, aber auch im Kontakt mit sich selbst. So leidet häufig ihr Selbstwertgefühl und ihr allgemeines Wohlbefinden und/oder sie fühlen sich unsicher in ihrem Körper und isolieren sich von anderen. Übergewichtige Frauen leiden häufig unter Body Shaming, sie müssen sich ständig rechtfertigen und im schlimmsten Fall kann es auch dazu führen, dass sie sich als weniger wert betrachten ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche aufgrund ihres Körpers unterdrücken. Lipödembetroffene sind von diesen Vorurteilen häufig auch betroffen.
Auch ich habe meinen Körper lange als „nicht weiblich“ genug wahrgenommen. Ich hatte die Vorurteile selbst so sehr verinnerlicht, dass ich davon ausging, mein Partner könne mich gar nicht weiblich und attraktiv finden. Totaler Bullshit! Weiblichkeit hat nichts mit deiner Figur oder deinem Körpergewicht zu tun. Du bist weiblich, wenn du dich als Frau fühlst. Ganz egal, wie groß, klein, dick, dünn, natürlich, selbstbewusst, einfühlsam oder sonstiges du bist. Niemand sollte dir deine Weiblichkeit absprechen dürfen. Weiblichkeit ist, wie du es für dich definierst. Vergleiche dich nicht mit anderen Frauen! Es gibt keinen Test, bei dem deine Weiblichkeit auf einer Skala gemessen wird.
Wie also kannst du als Lipödembetroffene wieder eine Verbindung zu deiner Weiblichkeit herstellen?
Der erste Schritt ist ganz klar, die zahlreichen Stereotypen und Vorurteile zu hinterfragen und dich von ihnen zu lösen. Es ist wichtig, dass du erkennst, dass deine Weiblichkeit nicht von deinem Körpergewicht abhängt und jeder Körper schön und weiblich sein kann. Ich weiß, dass ist leichter gesagt und ein langer Prozess, bei dem du Geduld und Zeit investieren musst, aber es lohnt sich! Es kann auch helfen, wenn du dir 3-5 stärkende Affirmationen aufschreibst und sie dir täglich in den Spiegel sagst. Außerdem finde ich es wichtig, dir selbst Akzeptanz und Mitgefühl zu schenken. Mache dir dafür Gedanken, was Weiblichkeit wirklich für dich bedeutet, und versuche dabei darauf zu achten, ob du wieder in Stereotypen zurückfällst. Überlege dir im nächsten Schritt, welche Eigenschaften, Merkmale oder Verhaltensweisen du an dir weiblich findest.
Wenn du dir mehr Unterstützung und einen Austausch mit anderen Betroffenen wünschst, kann ich dir auch meinen Live Online-Workshop am 30.04.2023 ans Herz legen. Dort setzen wir uns mit einer kunsttherapeutischen Methode nochmal intensiv mit unserer Weiblichkeit auseinander. Kunsttherapie kann eine wertvolle Unterstützung und Ausdrucksform sein, um emotionale und psychologische Belastungen des Lipödems zu verarbeiten sowie den Bezug zum eigenen Körper und zur Weiblichkeit wieder zu entdecken!
Jetzt interessiert mich aber: Wie geht es dir in Bezug auf deine Weiblichkeit? Gibt es Situationen, in denen du dich nicht weiblich fühlst? Lass es mich gerne in den Kommentaren wissen!
Deine Sarina