Darüber, was Kunsttherapie ist…

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Blogbeitrag #4

Hallo! Es freut mich, dass du dich für Kunsttherapie interessierst! Egal, ob du selbst mit dem Gedanken spielst, Kunsttherapie zu studieren oder du dich fragst, ob ein kunsttherapeutisches Coaching bei mir das Richtige für dich ist, in diesem Beitrag werden hoffentlich all deine Fragen geklärt. Ich habe versucht, dir einen Gesamtüberblick von der geschichtlichen Einordung, über ihre Entstehung und ihre Potentiale und bis hin zu ihren Einsatzfeldern zu geben. Falls du Fragen oder Ergänzungen hast, schreib sie gerne in die Kommentare und ich werde so bald wie möglich versuchen darauf einzugehen.

Fangen wir am besten ganz von vorne an. Die Kunsttherapie zählt zu den künstlerischen Therapieformen und verbindet die Kunst und die Psychologie. Das heißt, in der Kunsttherapie wird die therapeutische Beziehung, also die Beziehung zwischen Therapeuten und Klient, um ein Drittes- nämlich das künstlerische Medium- erweitert. Außerdem ist die Kunsttherapie, neben der Vernetzung aus Kunst und Psychotherapie, noch aus der Vernetzung von Kunst und der Pädagogik. Insgesamt ist in der Kunsttherapie also eine Kombination der Potentiale aus der Kunst und den beiden anderen Disziplinen- der Psychotherapie und der Pädagogik- möglich. Auf die möglichen Potentiale gehe ich später nochmal genauer ein.

Wie aber ist das ganze jetzt geschichtlich einzuordnen? Im 19 Jhd. entwickelte sich erstmals ein erwachendes Interesse für ästhetisches, meist bildnerisches Gestalten von Kranken in der europäischen Medizin. Allerdings vorerst nicht unter dem Aspekt des Heilens, sondern vielmehr unter dem Aspekt des Krankseins und der damit einhergehenden Psychopathologie des Ausdrucks. 1914 stellte Mohr dazu Überlegungen zur diagnostischen Verwertbarkeit der künstlerischen Gestaltungen von Kranken an. Als Künstler erstmalig ernst genommen wurde der an Schizophrenie leidende Adolf Wölfli, der von 1864-1930 lebte. Allerdings wurde er erst lange nach seinem Tod dem breiten Publikum bekannt. Heute gilt er als einer der wichtigsten Vertreter der Art brût- oder auch Outsider Art genannt. Um jetzt von Wölfli wieder die Brücke zur Kunsttherapie zu bilden. 1922 entstand die sogenannte Prinzhornsammlung -eine Arbeit über die „Bildnerei von Geisteskranken“. Diese stellt den Basiswert zur Erforschung der Kunst von Geisteskrankheiten sowie einen zentralen Beitrag zu einem vertiefenden psychopathologischen Verständnis des subjektiven Welterlebens in psychotischen Erkrankungen dar. Die Aufmerksamkeit ist hier erstmalig nicht wie am Anfang beschrieben auf dem Aspekt des Krankseins, sondern auf den stabilisierenden Wirkungen auf das Seelenleben, die von der kreativen Auseinandersetzung mit psychotischem Erleben ausgehen.

Heute findet die Kunsttherapie in vielen Bereichen Anwendung. Ergänzend zu dem „klassischen“ Anwendungsfeld der Psychiatrie wird mittlerweile in vielen Krankenhäusern und Rehakliniken Kunsttherapie angeboten. Außerdem arbeiten Kunsttherapeut*innen neben Arbeitsfeldern im klinischen Kontext auch im pädagogischen Kontext beispielsweise in Kindergärten und Schulen, aber auch in Seniorenheimen und in der Jugendhilfe. Je nach Bereich liegt der Fokus eher auf der Prävention oder auf einer bestimmten Problemstellung die gemeinsam bearbeitet wird. Ein großer Teil der präventiven Arbeit macht der Bereich des Coachings- also der Beratung zur persönlichen Weiterentwicklung- aus. Du siehst also- Kunsttherapie ist nicht gleich Kunsttherapie und was noch wichtiger ist: Kunsttherapie heißt nicht unbedingt Therapie. Rechtlich gesehen handelt es sich bei der Berufsbezeichnung „Kunsttherapeut*in“ leider nicht um einen geschützten Beruf. Im Prinzip kann sich daher jeder „Kunsttherapeut*in“ nennen, der oder die zum Beispiel nur ein Wochenendseminar über Kunsttherapie belegt hat. Dies ist mitunter wahrscheinlich auch ein Grund, weshalb man als Kunsttherapeut*in ohne zusätzlichen Heilpraktiker nicht berechtigt ist, selbstständig heilend tätig zu sein. Denn die individuellen Qualitäten und Kompetenzen unterscheiden sich ganz klar stark je nach absolvierter Aus- oder Weiterbildung und sollten bei der Wahl eines Therapeuten immer miteinbezogen werden.

Nachdem du jetzt einiges über die Entstehung der Kunsttherapie weißt, ist noch wichtig zu erwähnen, dass es nicht die EINE Kunsttherapie gibt. Wie auch in der Psychotherapie gibt es hier verschiedene Ansätze, die in der Konsequenz auch wieder andere Methoden anwenden. Insgesamt gibt es vier verschiedene Ansätze: der kunstpädagogische Ansatz, der verhaltenstherapeutische Ansatz, der anthroposophische Ansatz und der tiefenpsychologische beziehungsweise psychotherapeutische Ansatz. An dieser Stelle möchte ich gar nicht weiter auf die verschiedenen Ansätze eingehen, denn hier auf diesem Blog werden sich alle weiteren kunsttherapeutischen Inhalte nur auf den tiefenpsychologischen Ansatz, den ich in meinem Studium gelernt habe, beziehen. Dieser Ansatz geht auf den Begründer Sigmund Freud zurück und wurde später durch Carl Gustav Jung weiterentwickelt. Der Fokus liegt dabei darauf, die Psychologie des Unbewussten zu erklären und zu verstehen -also jene Inhalte und Prozesse der Psyche, die vom Bewusstsein abgesperrt und nicht ohne weiteres zugänglich sind. Durch die Kunsttherapie soll nun der Zugang zum Unbewussten ermöglicht werden. Damit kommen wir auch direkt zu den Wirkweisen der Kunsttherapie.

Alle kunsttherapeutischen Ansätze verfolgen die theoretische Prämisse, dass das Gestalten von Bildern und Arbeiten mit verschiedenen künstlerischen Medien eine heilende Wirkung auf den Menschen haben kann. Die Kunsttherapie greift dann, wenn die Balance zwischen Gesundheit und Krankheit nicht mehr gegeben ist. Schauen wir uns dazu das Prinzip der Balamce zwischen der Salutogenese und der Pathogenese -also der Gesundheit und Krankheit- nach Renate Limberg an.

Nach Limbergs Prinzip steht auf der linken Seite der Waage das Risiko, die Belastung, die Krise und die Krankheit. Wohingegen auf der rechten Seite der Waage die Bewältigungskraft, die Ressourcen und die sogenannte persönliche Schatzkiste stehen. Nach diesem Prinzip wird Gesundheit als Balance zwischen den eigenen Risiko- und Schutzfaktoren definiert. Es geht also nicht darum, alle Belastungen loszuwerden, sondern als Ausgleich eine eigene Bewältigungskraft und Ressourcen aufzubauen. Eine Handlungsnotwendigkeit besteht dann, wenn die Balance nicht mehr gegeben ist, also wenn Erlebnisse, Erfahrungen und Empfindungen nicht mehr mit den gewohnten Bewältigungsmechanismen oder Ressourcen bearbeitet werden können und dadurch zu Krisen und Krankheiten führen.

Nun möchte ich noch die Potentiale und Chancen der Kunsttherapie mit dir teilen. Das soll dir später auch helfen, wenn du dich für ein Coaching bei mir entscheidest, deine eigenen Ziele besser einordnen zu können. Die Besonderheit an der Kunsttherapie ist natürlich die Verbindung und Verwendung der Kunst. Im Folgenden gehe ich daher auf spezielle Potentiale der Kunsttherapie ein, die sich durch den Aspekt des künstlerischen Tuns ergeben. Auf generelle Potentiale- also beispielsweise durch den Input einer außenstehenden Person- wie sie auch in der klassischen Psychotherapie gegeben sind, werde ich hier nicht weiter eingehen.

  1. Ein großes Potential der Kunst ist es, dass schöpferische Potential der Menschen zu wecken. In der Kunsttherapie kann dies genutzt werden, um die eigenen Selbstheilungskräfte und Ressourcen zu aktivieren. Durch das künstlerische Tun kannst du die Erfahrung machen, deine eigenen Bedürfnisse und Fähigkeiten zu erkennen. Wenn du dich jetzt nochmal an das Bild der Waage erinnerst, dann merkst du, wir sind hier schon auf der rechten Seite. Ein wichtiges Ziel in der Kunsttherapie und auch in einem Coaching mit mir wird es also sein, dass du deine eigenen Bewältigungskräfte erkennst, förderst und dadurch immer weiter festigst und stärkst. Also, dass du im Idealfall am Ende eine Auswahl an Bewältigungskräften hast, mit denen du eine Krise aus eigener Kraft heraus bewältigen kannst.
  2. Ein weiteres Potential der Kunsttherapie ist es, dass du durch das Dritte Medium eine „Sprache“ dazugewinnst, die sogenannte Bildsprache. Diese kann im Prozess immer wieder als Ausdrucks- und Kommunikationsmöglichkeit genutzt werden. Deine Bilder und andere Werke dienen dann auf nonverbaler Ebene -im Gegensatz zur verbalen Sprache- als Mitteilungen, Botschaften, Appelle oder Ähnliches. Durch die Bildsprache hast du zudem die Chance für Erkenntnis- und Reflektionsmöglichkeiten, insbesondere durch die wahrnehmbare Differenz zwischen Bild- Körper- und Wortsprache.
  3. Als drittes Potential der Kunsttherapie ist hier der Ausdruck als Befreiung zu nennen. Viele künstlerischen Materialien ermöglichen bspw. einen expressiven Ausdruck, also zum Beispiel durch das Werfen von reinen Tonklumpen oder -das wirst du wahrscheinlich kennen- die Methode des Actionpaintings. Hast du eines davon schonmal ausprobiert? Wenn ja, dann hast du hoffentlich die befreiende Wirkung selbst erfahren können. Außerdem bietet die Kunsttherapie völlig freie Darstellungs- und Ausdrucksmöglichkeiten. Es gibt in der Kunsttherapie kein richtig und kein falsch, kein schön oder hässlich. Die Kunsttherapie ist völlig frei von Bewertungen, es gibt keinen Leistungsdruck und keine Konkurrenz. Es geht nicht darum, Kunst zu erschaffen, sondern einen Zugang zu seiner eigenen inneren Welt zu bekommen und sich mit sich selbst und seinem Inneren auseinanderzusetzen. Auch dieser Aspekt der Kunsttherapie hat also eine sehr befreiende Wirkung.
  4. Machen wir gleich weiter mit dem Thema der eigenen inneren Welt. Und zwar bietet die Kunsttherapie auch die Möglichkeit -vor allem im tiefenpsychologischen Ansatz- einen Zugang zu seinem Unbewussten zu finden. Dieser Prozess wird vor allem durch die Kraft der Fantasie hervorgerufen, die in vielen kunsttherapeutischen Methoden -wie zum Beispiel Fantasiereisen- angeregt wird. Auch davon werden wir im Coaching Gebrauch machen!
  5. Zudem findet in der Kunsttherapie häufig eine Sensibilisierung, Vertiefung und Verfeinerung der eigenen Wahrnehmung statt, denn die Darstellung der eigenen Gefühlswelt durch das künstlerische Medium nach außen hat häufig den Effekt, vorher unterbewusstes und damit Unbekanntes über sich selbst sichtbar zu machen. Ziel der Kunsttherapie ist es daher, durch Techniken und Methoden innere Bilder zu erzeugen, welche dann durch künstlerische Medien nach außen getragen und so verstanden werden.

So damit hast du jetzt ganz schön viel über die Kunsttherapie gelernt und weißt ein bisschen besser, was dich in einem kunsttherapeutischen Coaching erwarten kann. Ich freue mich, wenn ich dein Interesse geweckt habe und dich in einem kostenlosen Erstgespräch kennenlernen kann!

In einem der nächsten Beiträge geht es dann um die künstlerischen Medien, von denen jetzt so viel die Rede war.

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